Geschichte

Wenn man heutzutage einen Blick in eine unserer Bäckereien tut, staunt man nicht schlecht über das vielfältige Angebot in Brotsorten (Kleingebäck nicht einbezogen).

Da erinnert man sich unwillkürlich an unsere Jugend, wo es zwei Brotarten gab: dass Schwarzbrot (Roggenbrot) und das Weissbrot (Bittelbrot). Während den Schulferein (in den 20er-Jahren) weilten wir in Blatten. Im ganzen Natischerberg waren recht viele Getreideäcker, meist mit Roggen angepflanzt. In Blatten selbst, in den Halden und bis hinauf zu den Mossegghalten ob Rischinen gedieh das Getreide. Zur Reifezeit wurde es geschnitten, später gedroschen und dann das Korn in die Mühle gebracht. Darum gab es bei uns, wie übrigens mancherorts in unseren Berggegenden, wässerbetriebene Mühlen einfachster Bauart. Im Natischerberg gab es eine Mühle im Moos und eine in Blatten von der im folgenden die Rede ist.

Der erste Bäcker, von dem ältere Leute zu berichten wissen, war Johann Eggel-Zenklusen in Blatten. Dort betrieb er auf dem "Ännerblatt" neben dem grossen Speicher eine Backstube. Als das Haus einem Brand zum Opfer fiel, verlegte er die Backstube hinunter neben die Mühle in den "Wichjen". Das dürfte um die Jahrhundertwende gewesen sein. Johann Eggel-Zenklusen war Bergbauer, der wie die meisten seiner Zeitgenossen ein Nomadenleben führte: von Naters nach Blatten, dann auf die Belalp und im Herbst den Weg zurück. Das Backen betrieb er nebenbei, saisonmässig. Dabei gingen ihm seine Söhne hilfreich an die Hand: Leopold (später Schreinermeister), Alois (später Vizepräsident in Naters), dann der jüngste Sohn Ignaz. Auch seine Töchter Karoline und Marie vestanden das Handwerk. Karoline heiratete Hölzer Benjamin, der später.Mühle und Backhaus erwarb und betrieb. An der Stelle der abgebrannten Backstube erbaute er mit seinem Schwager Leopold Eggel ein Haus, das heute an ihre Erben überging.

Holzer Benjamin war wohl derjenige Mann, der als Bäcker (damals Pfister genannt) und Müller den ältern Leuten im Berg in Erinnerung geblieben ist. Seine Entlöhnung entsprach der damaligen Gewohnheit: Der Kunde brachte das Korn, dazu das nötige Brennholz, darüber hinaus erhielt der Bäcker pro "Bachi" zwei Laibe Brot. Nach einiger Zeit konnte der Eigentümer sein Brot holen, das er im Brotrechen gut aufbewahrte..Tat der Bauer öder ein Familienmitglied einen Gang nach Naters, um auch ändere Lebensmittel:"Zucker, Kaffee u.ä. zu kaufen, brachte man auch ein "Bittelbrot" mit, das für,den Sonntag bestimmt war. Ansonsten verpflegte man sich mit dem eigenen Roggenbrot, das eine gewisse Härte gut ertrug und trefflich mundete.

Dann kam mit den 30er-Jahren die Strasse nach Blatten. Sie brachte Verkehr und Entwicklung. Der frühere Pfister Benjamin Holzer und später die Familie Rudolf Imhof eröffneten zuerst kleine Läden, wo man das Nötigste für Mensch und Tier kaufen konnte. Dadurch verringerte sich die Nachfrage, des Brotbackens stark und in dann etwa in den 50er-Jahren völlig ein.

Da auch die jungen Leute immer mehr in andere Berufe und Arbeitsmöglichkeiten abwanderten, erging auch der Getreidebau immer mehr, so dass man heute kaum mehr einem Kornacker begegnet.

Vor Jahren verkauften die Erben des Benjamin Holzer ihre Liegenschaft in den "Wichjen". Der Architekt Elias Balzani erwarb aus dieser Versteigerung Mühle und Backhaus. Damit schien ein Kapitel abgeschlossen, es war noch Nostalgie.

Nicht so für Walter Sieber, Reallehrer, in Naters. Ihm schien es wünschenswert, die Erhaltung der Gebäulichkeiten und mithin der alten Gebräuche und Traditionen näher zu studieren. Zu diesem Zweck ' strebte er die Gründung eines Initiativkomitees an. In Bernhard Augsburger, Junior-Chef der bekannten Mühle fand er einen interessierten Fachmann, Gemeindepräsident Walker Richard, Schuldirektor Hans Eggel, Balzani Elias, Fux Jeannette, Holzer Manfred, Jossen Peter und Nellen Friedrich liessen sich für die Idee ebenfalls begeistern. Nachdem inden letzten Jahren im Berg und im Tal recht vieles für die Entwicklung des Tourismus getan wurde, fanden sie es richtig, auch für die Förderung des alten Brauchtums einzustehen. Auch die Verwaltung der Seilbahnen und ,das Verkehrsbüro zeigten sich der Sache gewogen.

Die Gemeinde kaufte von Architekt Balzani Mühle und Backhaus zurück. Lobend sei hier festgehalten, dass der Verkäufer die Objekte zum gleichen Preis abgab, wie er diese seinerzeit erworben hatte.

Das Initiativkomitee hatte das Glück, von der Stadtgemeinde Brig leihweise eine alte Mühle zu erhalten, die noch betriebsfähig ist. Nun sind die Initianten dabei, eine Genossenschaft "Bachhüs Wichje",zu gründen, die auch als Trägerschäft des Projektes dasteht. Dieses will keinesfalls gewerblich betrieben werden, sondern an alte handwerklichen Tätigkeiten erinnern. Dass gelegentlich Hobby-Müller und Pfister ihre Backkunst versuchen können, versteht sich am Rand.

Hoffentlich finden viele Leute aus Naters, Blatten, sowie auch Gäste Freude an diesem lobenswerten Unternehmen. Ihnen allen sei der Kauf von Anteilscheinen, die zu gegebener Zeit angeboten werden, empfohlen, auch wenn diese nicht renditenträchtig sind. Sie unterstützen damit ein bodenständiges Werk und leisten praktischen Heimatschutz.